Die Plagiatsvorwürfe gegen Karl Theodor zu Guttenberg häufen sich. Laut GuttenPlag wurden bisher auf 247 der 408 Seiten seiner Dissertation (Inhaltsverzeichnis und Anhang nicht mitgerechnet) Plagiate gefunden. Die Ausflüchte des Ministers sind geradezu lachhaft. Es könne sein, dass er die eine oder andere Stelle nicht als Zitat markiert oder die Originalquelle angegeben habe. Insgesamt halte er aber die Plagiatsvorwürfe gegen ihn für abstrus. Nun muss die Universität Bayreuth klären, ob zu Guttenberg unter den gegebenen Umständen der Doktortitel entzogen werden muss. Der Minister will sich zu dem Thema in der Öffentlichkeit nicht mehr äußern.
Soweit zu den Fakten. Doch was heißt das alles und wie sind die Reaktionen darauf zu beurteilen? Schaut man sich die betreffenden Stellen bei GuttenPlag, SPIEGEL ONLINE oder süddeutsche.de an, muss wohl jedem Akademiker und selbst Erstsemesterstudenten sofort auffallen, dass es sich hier zweifelsohne um einen Plagiatsversuch handelt. Da werden bereits ab dem ersten Satz der Einführung in die Arbeit ganze Absätze teilweise wortwörtlich aus fremden Texten verwendet ohne jegliche Quellenangabe, geschweige denn der Angabe als Zitat. Sicherlich, es kann selbst erfahrenen Wissenschaftler immer mal ein Fehler unterlaufen und so kann es auch das ein oder andere Mal vorkommen, dass ein verwendeter Satz in einer Arbeit nicht als fremder Text markiert wird. Im Fall der Dissertation von zu Guttenberg sind wir aber von diesen Bagatellen weit entfernt. Hier wurde gezielt kopiert und das zu Hauf. Eine solche Arbeit kann vor keiner akademischen Kommission der Welt Bestand haben. Zu schwerwiegend sind die Verstöße. Jegliche Ausflüchte des Ministers, er habe in mühevoller Kleinarbeit, neben seinen politischen Ämtern und als junger Familienvater sieben Jahre lang mit Herzblut an seiner Dissertation gearbeitet und kleine Fehler könnten da durchaus passieren, sind im Hinblick auf diese Arbeit lachhaft. Jeder Student, der in einer Haus- oder gar seiner Abschlussarbeit ähnlich arbeitet, würde gnadenlos durchfallen.
Aus der Bevölkerung bekommt zu Guttenberg jedoch reichlich Unterstützung. So hoch liegt der Freiherr bei den Deutschen im Kurs, dass laut T-Online.de sogar jetzt noch zwei Drittel der Bevölkerung hinter ihrem Verteidigungsminister stehen. Die Argumente, mit denen etliche Bürger den sympathischen Bayer jetzt verteidigen sind dabei teilweise so hanebüchen, dass es einem die Nackenhaare zu Berge stehen lässt. So musste ich unter anderem im Radio hören, dass jeder ja in seinem Leben mal abgeschrieben habe, zum Beispiel in der Grundschule die Hausaufgaben vom Nachbarn. Der große Unterschied zwischen spicken beim Nachbarn und dem Fall Guttenberg ist aber, dass hier ein erwachsener Mann nach Abschluss seines Studiums mit seiner Arbeit den höchsten akademischen Grad in Deutschland erreichen wollte. Entschuldigungen, die man einem zehnjährigen Schulkind durchgehen lässt, sind hier wohl kaum am richtigen Platz. Es ist erstaunlich, wie eine aus akademischer Sicht Ungeheuerlichkeit beim Volk vollkommen bagatellisiert wird. Ebenso erstaunlich wie die generelle Sympathie für den Minister in der Bevölkerung. Es ist rätselhaft, wie gerade ein Verteidigungsminister, dessen Arbeit der Öffentlichkeit größtenteils verborgen bleibt und der in der letzten Zeit durch verschiedene Skandale bei der Bundeswehr auf sich aufmerksam gemacht hat so einen so starken Zuspruch haben kann. Einige scheinen ihn ihm gar den Heilsbringer und Superhelden der Politik zu sehen und bauen ganze Luftschlösser um die Person zu Guttenberg. So wurde er unter anderem als einziger glaubhafter Politiker, der nicht Teil irgendwelcher Seilschaften ist bezeichnet. Interessant, woher der ein oder andere solche Informationen besitzt. Vielleicht sehnen sich viele Bürger aufgrund des Adelstitels des Herrn zu Guttenberg auch einfach wieder nach einem mächtigen Aristokraten an der Spitze des Landes. Einem, der hart durchgreift und endlich wieder einfache autokratische Strukturen einführt. Dabei möchte ich zu Guttenberg solche Ziele keinesfalls unterstellen.
Fragen muss man sich doch, um noch einmal auf den Kern der Diskussion zurückzukommen, wie es überhaupt zu solchen gravierenden Plagiatsfällen kommen konnte. Dabei kommen für mich nur zwei mögliche Erklärungen in Betracht. Möglicherweise hat Karl Theodor zu Guttenberg in seiner gesamten Studienzeit nichts, aber auch gar nichts über akademisches Arbeiten gelernt. Denn nur das wäre eine Erklärung, warum solche Fehler passieren könnten. Eine andere Möglichkeit wäre, dass er von den Plagiaten gar nichts wusste, weil er seine Arbeit gar nicht selbst geschrieben hat. Zusammengefasst heißt es also, entweder ist zu Guttenberg nicht gerade einer der Hellsten oder er ist ein Betrüger. Welche dieser beiden Erklärungen der Wahrheit entspricht, werden wir aber wahrscheinlich nie erfahren.
Eines ist jedoch klar, zu Guttenberg muss sich Fragen zu dem Thema, vor allem die der Journalisten, die er am 18. Februar mit seinem Nichterscheinen auf der Bundespressekonferenz so schäbig hat sitzen lassen, gefallen lassen. Er ist eine Person, die in der Öffentlichkeit steht, ja eine Person, die immer mit Geradlinigkeit und Ehrlichkeit von sich hat Reden machen wollen. Dann darf auch in einer solchen Situation gerade diese Geradlinigkeit und Ehrlichkeit von ihm erwartet werden.